Am 02.September 2021 trafen sich 15 Interessenten des Genealogieforum Potsdam zu einem Besuch der Russisch-Orthodoxen Kirche des Heiligen Alexander Newski auf dem Kapellenberg in Potsdam.
Nähert man sich der Stadt Potsdam über die Bundesstraße 2 aus Richtung Falkensee, fährt man zuerst an wilhelminischen Kasernen aus rotem Klinker vorbei. In den Kasernen waren bis zum 1.Weltkrieg das 2. und 4. Garde-Feldartillerie-Regiment stationiert.
Nach etwa 300 Metern trifft man dann auf die aus traditionellen Holzhäusern bestehende Kolonie Alexandrowka. Hier fühlt man sich in ein russisches Dorf aus dem 19. Jahrhundert zurückversetzt. Oberhalb dieser Kolonie steht auf dem Kapellenberg die russische Kirche des Heiligen Alexander Newski. In der Kolonie Alexandrowka lebten russische Militärsänger, die nach den Befreiungskriegen 1813 bis 1815 am preussischen Hof geblieben waren. An den Häusern sind noch heute Namensschilder der früheren Bewohner erhalten.
Familienforscher nutzen kirchliche Quellen in erheblichem Umfang und so lag es nah, sich über die Gepflogenheiten in der russisch-orthodoxen Kirche zu informieren. Zumal es vielfältige genealogische Verbindungen zwischen Deutschland und Russland gibt.
Die Organisatoren des Genealogieforum Potsdam hatten die Nachbarschaft von „Treffpunkt Freizeit“, dem gewöhnlichen Veranstaltungsort des Genealogieforums, und russischer Kirche genutzt und mit dem Erzdiakon, Herrn Koljada, einen Besuch der Kirche verabredet.
Herr Koljada stellte zuerst die Kirche vor. Die Kirche wurde ab 1826 errichtet. Nach preussischem Selbstverständnis sollten die Gläubigen der russisch-orthodoxen Kirche ein eigenes Gotteshaus erhalten und die engen Beziehungen zwischen Russland und Preussen gewürdigt werden. Zar Nikolaus I. war mit der ältesten Tochter Friedrich Wilhelm III., Charlotte von Preussen, verheiratet.
Architekt war der Petersburger Wassily Petrowitsch Stassow. Die Pläne wurden von Karl Friedrich Schinkel überarbeitet.
Am 10.09.1829 wurde die Kirche in Anwesenheit von Zar Nikolaus I. und Friedrich Wilhelm III. geweiht. Der russische Zar Alexander I., der zur Zeit der Befreiungskriege regierte, war 1825 verstorben. Nach ihm ist übrigens auch der Alexanderplatz in Berlin benannt.
Die russisch-orthodoxe Gemeinde in Potsdam blieb in den folgenden Jahrzehnten relativ klein. Nach 1945 bestand in Potsdam eine große russische Garnison, die u.a. auch in den roten Kasernen untergebracht war. In der Sowjetunion war ein Bekenntnis zur Kirche mindestens unerwünscht und so fanden nur wenige Soldaten den Weg zur Kirche. Herr Koljada erzählte, dass Taufen nur heimlich stattfinden konnten und die Täuflinge nicht einmal wagten, einen Taufschein bei sich zu haben. Nach 1990 wurden oft Taufscheine auf der Grundlage der vorhandenen Kirchenbucheintragungen ausgestellt.
Bis 1968 wirkte Erzpriester Markewitsch in Potsdam. Danach wurde die Gemeinde von Berlin aus betreut und in Potsdam wurden keine Kirchenbücher mehr geführt. Frühere Kirchenbücher liegen heute in der Diozöse Berlin.
Nach 1990 änderte sich Situation wesentlich. Insbesondere unter den in den 1990er Jahren ankommenden Spätaussiedlern waren viele russisch-orthodoxen Glaubens. Heute hat die Gemeinde etwa 800 Gläubige. In Potsdam ist seit 1986 Erzpriester Anatolij Koljada tätig. Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle werden in Kirchenbüchern dokumentiert. Hier wurde noch ein interessantes Detail deutlich: Die Kirchenbücher werden in deutscher Sprache geführt. Begründet wird dies damit, dass die meisten Gläubigen deutsche Staatsbürger sind und ihre Personaldokumente natürlich in deutscher Sprache geführt werden. Man möchte Fehler oder Ungenauigkeiten bei der Transkription vermeiden.
Ein Beispiel für eine wenig gelungene Transkription ist der Grabstein des Erzpriesters Markewitsch: die Transkription zu Markiewitz wird von seinen Nachfahren als nicht richtig angesehen.
Am Ende der Veranstaltung bedankten sich alle Teilnehmer herzlich bei Herrn Koljada. Einhelliger Tenor war, man sollte öfter mal seinen Nachbarn besuchen.
Bei Soljanka, Pelmeni und russischem Bier klang das Treffen im Cafe der Kolonie Alexandrowka aus. Zwölf Familienforscher tauschten sich im persönlichen Gespräch, das durch kein online-Treffen ersetzbar ist, aus.